LEIFRA - Fragebogen zur Erfassung des Leidens
Der Fragebogen zur Erfassung des Leidens (LEIFRA) (frühere Bezeichnung:
Motivationsfragebogen MOFRA) wurde am Zentrum für Psychotherapie der
Ruhr-Universität Bochum seit 1994 von Dietmar Schulte entwickelt. Es
handelt sich um einen Fragebogen zur Selbstbeurteilung des Patienten mit
insgesamt 18 Items, mit deren Hilfe der Patient auf einer fünfstufigen
Lickertskala (von 1. stimmt überhaupt nicht bis 5. stimmt vollkommen)
einschätzt, in wie weit er unter seinen Störungen oder Problemen leidet.
Leiden wird als mehrschichtiges Konstrukt verstanden mit den Komponenten
•
„Beeinträchtigung“ (Der Patient fühlt sich in seinem Alltag und bei
seinen Tätigkeiten zur Erreichung seiner Ziele durch seine Störung
beeinträchtigt.),
• „Hilflosigkeit“ (Der Patient sieht sich seiner
Störung mitsamt ihren Folgen ausgeliefert und sieht keine Möglichkeit,
die Situation von sich aus zu ändern.) und
• „Normabweichung“ (Der
Patient erlebt sich als anders als andere, seine Störungen und
Auffälligkeiten als nicht (mehr) normal.).
• Hinzu kommt eine
Zusatzskala "Hilfsbedürftigkeit" die angibt, in wie weit sich der
Patient zutraut, ohne Hilfe zurecht zu kommen bzw. (umgepolt) in wie
weit er meint, therapeutischer Hilfe zu bedürfen.
Die drei
Komponenten werden durch drei Subskalen mit 5, 6, 4 Items erfasst. Sie
lassen sich als getrennte Faktoren darstellen, die miteinander mäßig
korreliert sind. Hinzu kommt als vierter Faktor die Zusatzskala
"Hilfsbedürftigkeit" mit 3 Items.
Das Leidens ist als eine relativ
eigenständige Komponente von Psychischern Störungen oder allgemein von
Krankheit zu verstehen. Es resultiert aus der Störung und ihrer
Symptomatik, ist aber nur mäßig mit dem Ausmaß der Symptomatik
korreliert. Es kann sein, dass eine schwer kranke Person kaum leidet
oder eine (wieder) weitgehend gesunde Person (immer noch) sehr leidet.
In
sofern sind auch Symptomreduktion und Leidensreduktion als zwei
Komponenten von Therapieerfolg zu sehen, die beide ihre Bedeutung haben.
Symptomreduktion ist zentral für die (vergleichende) Beurteilung der
Wirksamkeit von Therapiemethoden oder –verfahren, Leidensreduktion ist
zentral für das Erleben des Therapieerfolgs durch den Patienten und
seinen (weiteren) Umgang mit der Störung, u.a. ob er oder sie (erneut)
eine Behandlung aufsucht oder Medikamente einnimmt. In sofern ist Leiden
oder Leidensdruck eine zentrale Komponente der Therapiemotivation eines
Patienten.
Der Fragebogen wurde wiederholt Patienten einer
Psychotherapeutischen Ambulanz vor, während und nach Abschluss einer
verhaltenstherapeutischen Behandlung vorgelegt und 1996 und erneut 2011
teststatistisch überprüft und anhand einer Stichprobe von 1.188
Patienten normiert [662 weiblich, Alter zwischen 18 und 104, im Mittel
36,9 Jahre (SD = 11,4)]. Die Reliabilität (Cronbachs ?) zu den drei
Messzeitpunkten (Therapiebeginn, nach der 8. Therapiesitzung und zu
Therapieende) betrug für die Subskala Beeinträchtigung .84, .79 und .88,
für die Subskala Hilflosigkeit .91, .88 und . 95, für die Subskala
Normabweichung .81, .71 und .83. Die Reliabliltät der Zusatzskala
Hilfsbedürftigkeit mit nur drei Items ist geringer: .62, .59 und .69;
ihre Aussagekraft für Einzelbeurteilungen ist daher eingeschränkt.
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